Knapp 500 Vögel beschlagnahmt: Der IFAW fordert strengere EU-Gesetze
Knapp 500 Vögel beschlagnahmt: Der IFAW fordert strengere EU-Gesetze
Wildtierkriminalität ist auch innerhalb Europas ein ernsthaftes Problem! Das verdeutlicht einmal mehr die jüngste Festnahme eines mutmaßlichen Täters durch die niederländische Behörde für Lebensmittelsicherheit (NVWA). Er soll im großen Stil in illegalem Vogelhandel verwickelt sein. Fast 500 Vögel wurden im Zuge dieses Einsatzes beschlagnahmt, viele davon aus Afrika und Asien. Der illegale Wildtierhandel betrifft nicht nur das Wohlergehen der betroffenen Tiere, sondern bedroht auch die Biodiversität, die öffentliche Gesundheit, die Integrität von Ökosystemen und die Rechtsstaatlichkeit. Der Fall verdeutlicht, wie Händler den europäischen Markt weiterhin als Zielort für Wildfänge nutzen.

Gesetzeslücken und Vollzugsdefizite begünstigen Wildtierkriminalität
Als Organisation, die sich dem Tier-, Arten- und Naturschutz sowie der wirksamen Umsetzung von Gesetzen zum Wildtierschutz verpflichtet fühlt, sieht der IFAW in diesem Fall mehrere strukturelle Defizite, die dringend angegangen werden müssen. Die EU-Gesetzgebung verbietet den Import von der Natur entnommenen Vögeln, um Gesundheitsrisiken für den Menschen zu vermeiden. Die Beschlagnahmung in den Niederlanden zeigt, wie wichtig solche Schutzmaßnahmen sind. Allerdings, die meisten nicht unter CITES (Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen) gelisteten Arten genießen keinen besonderen Schutz im internationalen Handel und fallen nicht unter den Rechtsrahmen der EU.
Diese Lücken in Kontrolle und Vollzug ermöglichen es, dass illegal beschaffte Wildtiere unentdeckt bleiben und, sobald in die EU eingeführt, dort legal gehandelt werden können.
Online-Marktplätze: Brennpunkt der Wildtierkriminalität
In einem aktuellen IFAW-Bericht zum illegalen Wildtierhandel von Lateinamerika nach Europa wurden zwischen 2017 und 2023 34 Beschlagnahmungen dokumentiert: insgesamt 2.495 Wildtiere aus 69 verschiedenen Arten. Die meisten Vögel wurden in den Niederlanden abgefangen. Die Tiere werden häufig unter grausamen Bedingungen geschmuggelt und über Online-Kanäle auf dem europäischen Markt verkauft. Die hohe Nachfrage in europäischen Ländern nach seltenen Vögeln und anderen exotischen Arten treibt diesen illegalen Handel weiter an.
Die Rolle von Online-Marktplätzen darf dabei nicht unterschätzt werden. Kriminelle nutzen zunehmend digitale Plattformen, um Wildtiere an den Vollzugsbehörden vorbei zu verkaufen. Der IFAW übernimmt hier eine offizielle Rolle als „Trusted Flagger“ im Rahmen des Digital Services Acts (DSA). Ein Status, der es uns ermöglicht, illegale Wildtieranzeigen mit Priorität direkt an Plattformen zu melden. Dieses Verfahren ermöglicht ein schnelleres Vorgehen gegen Wildtierkriminalität im Netz. Ein langfristiger Fortschritt erfordert jedoch kontinuierliches Engagement von Plattformen und Behörden.
Der Fall zeigt auch den Bedarf nach einer breiteren rechtlichen Grundlage innerhalb der EU. Der IFAW fordert, dass der Handel mit illegal beschafften Wildtieren unter Strafe gestellt wird, und zwar unabhängig davon, ob die Art unter CITES-Schutz steht. Solange nicht die Gesetzeslage im Herkunftsland des Tieres berücksichtigt wird (wie z.B. ein rein nationaler Schutzstatus des betreffenden Tieres), bleiben Schlupflöcher im internationalen Handel bestehen. Es ist Zeit, diese Schlupflöcher gemeinsam zu schließen.

Transparenz und Registrierung sind entscheidend für einen wirksamen Vollzug
Der Mangel an transparenter, umfassender und zentralisierter Dokumentation des Wildtierhandels ist ein weiteres strukturelles Problem. Nur ein Viertel der im IFAW-Bericht dokumentierten Tiere fällt unter den CITES-Schutz und wird beim Eintritt in die EU auf Artebene überwacht. Ohne einheitliche, artenspezifische Überwachung und Dokumentation der Mengen und Herkunft gehandelter Wildtiere in der gesamten EU bleibt wirksamer Vollzug unerreichbar. Eine EU-weite Verpflichtung zur detaillierten Registrierung aller Arten ist unerlässlich, um Überwachung und Kontrolle zu verbessern.
Der Fall zeigt allerdings, dass Vollzug möglich ist und wichtige Fortschritte erzielt werden. Doch solange Lücken in Gesetzgebung, Transparenz und digitalem Vollzug bestehen, bleibt der illegale Wildtierhandel eine kriminelle Aktivität mit geringem Risiko und hohem Gewinn. Der IFAW fordert daher entschlossenes Handeln: Die EU muss die rechtlichen Schlupflöcher schließen, Vollzugsbehörden mit den nötigen Werkzeugen ausstatten und dafür sorgen, dass der digitale Marktplatz denselben Standards wie der physische unterliegt.
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