Rettung von in Fischernetzen verfangenen Robben
Fischernetze fangen nicht nur Fische. Sie können auch Robben töten.Von Olivia Guerra, IFAW Tierrettung und Biologin
Am 2. Juni 2025 erreichte uns ein dringender Notruf über unsere Hotline zur Rettung von Meeressäugern bei Cape Cod, USA: Auf Monomoy, einer abgelegenen Insel vor Cape Cod, wurde eine ausgewachsene Kegelrobbe gesichtet, die sich in einem Netz verfangen hatte. Ein großes Stück grünes Multifilamentnetz schnitt in den Hals des Tieres. Die Verstrickung beeinträchtigte zudem die Bewegungsfreiheit der Robbe.
Das Gebiet ist sehr abgelegen und nur mit dem Boot zu erreichen. Wir mussten erst abwarten. Währenddessen planten wir den Einsatz und erwarteten weitere Berichte unserer Kolleginnen und Kollegen vom National Monomoy Wildlife Refuge. Am 5. Juni wurde die Robbe erneut an derselben Stelle gesichtet, und mit Genehmigung des Teams von Monomoy konnten wir am nächsten Tag aufbrechen, um sie zu retten.
Unser Team suchte die Insel vom Meer aus ab und konnte die Robbe erfolgreich lokalisieren. Umgeben von mindestens 30 anderen Kegelrobben lag sie mit einem ca. 1,5 kg schweren grünen Fischernetz aus Plastik um den Hals am Strand und war nicht zu übersehen.
Wildtiere von Verstrickungen zu befreien ist ein schwieriger Prozess
Man kann nicht einfach hin und mit einer Schere das störende Objekt abschneiden und das Tier dann freilassen.
Mit einem Gewicht von etwa 180 kg ist die erwachsene Kegelrobbe ein großes, schweres Wildtier, das unberechenbar sein kann. Es braucht erfahrenes Personal, um eine Robbe dieser Größe sicher einzufangen und so lange festzuhalten, bis das Netz entfernt werden kann, ohne dass das Tier oder die Menschen verletzt werden.
Unser Team stieg möglichst unauffällig aus dem Boot und schlich sich mit den Dünen als Deckung an die Kegelrobbe heran. Wir bereiteten unsere Fangnetze vor und krochen auf dem Bauch, damit die Robben uns nicht bemerkten. Wenn wir auch nur eine von ihnen erschreckt hätten, hätten wir mit hoher Wahrscheinlichkeit alle erschreckt. Dann rannten wir so schnell wir konnten. So konnten wir die verhedderte Robbe fangen, bevor sie sich ins Wasser zurückziehen konnte. Ob Sie es glauben oder nicht, Robben können auch an Land ziemlich schnell sein!
Aufgrund der Größe und der Kraft der Robbe begann das Netz zu reißen. Glücklicherweise half mir Emily schnell, die Robbe zu sichern, bis das restliche Team hinzukam.
Selbst mit drei erfahrenen Teammitgliedern, die große Robbe festhielten, war sie schwer ruhig zu halten. Aber wir schafften es, sie in nur vier Minuten zu befreien!

Unsere Tierärztin durchschnitt das grüne Netz, entfernte es von seinem Körper und begutachtete die Wunden, die das Netz hinterlassen hatte. Es hatte vermutlich wochenlang an Kopf und Hals gerieben und sich eingeschnitten. Nach Begutachtung der Wunden entschied unsere Tierärztin, dass es das Beste sei, die Kegelrobbe sofort freizulassen. Es waren Wunden, die von selbst heilen konnten.
Weltweit verfangen sich Tiere wie Robben, Delfine, Wale und Meeresschildkröten in verlorene oder zurückgelassene Fischereigeräte
Durch diese Verstrickungen sterben jedes Jahr Hunderttausende von Meeressäugern und Meeresschildkröten. Oft erleiden die Tiere einen langsamen und qualvollen Tod. Durch Verstrickungen in Netze oder Leinen können die Tiere mitunter nicht mehr in der Lage sein, zu fressen oder an Nahrung zu gelangen, sodass sie kläglich verhungern. Tiere können in den Netzen und Leinen feststecken und nicht mehr zum Atmen an die Oberfläche gelangen, sodass sie qualvoll ersticken. Tiere können durch die Netze und Leinen tiefe Schnittwunden erleiden, die sich infizieren können.

Es ist schwierig, Robben zu fangen und zu befreien. Der IFAW hat möglichst sichere und effektive Techniken zu ihrer Rettung entwickelt.
Unsere Arbeit für diesen Tag war noch nicht beendet
Nur wenige Augenblicke nachdem wir die ausgewachsene Robbe befreit hatten, meldete eines unserer Teammitglieder auf dem Schiff per Funk, dass sie eine weitere junge Kegelrobbe entdeckt hatten, die sich in weißem Polypropylengarn verfangen hatte.
Wir hatten noch ein funktionsfähiges Fangnetz, also begaben Emily und ich uns schnell in Position, und innerhalb weniger Sekunden gelang es ihr, auch die junge Kegelrobbe einzufangen. Sie war viel kleiner, sodass nur eine Person nötig war, um die Robbe festzuhalten.
Der Rest von uns begann, die Robbe zügig von der Verstrickung zu befreien. Die Verstrickung hatte eine oberflächliche Schnittwunde an einer Seite des Halses hinterlassen, aber ansonsten schien die Robbe bei guter Gesundheit und zeigte sich von uns unbeeindruckt. Auch diese Robbe war bereit, direkt zurück ins Meer zu kehren.

Es war ein unglaublicher und emotionaler Moment, als beide Tiere sich frei von diesen lebensbedrohlichen Verwicklungen wieder ins Wasser begaben. Wir sind so froh, dass wir über die Fähigkeiten, die Ausrüstung und das Fachwissen verfügen, um diesen Tieren eine zweite Chance zu ermöglichen. Das ist uns jedoch nur dank Menschen wie Ihnen möglich, die unsere Arbeit unterstützen, Sichtungen von verfangenen oder gestrandeten Meeressäugern melden und für ihren Schutz spenden. Vielen Dank!
HINWEIS: Meeressäuger von Verstrickungen wie Seilen zu befreien kann sehr gefährlich sein – für Mensch und Tier. Wenn Sie ein verwickeltes oder verletztes Wildtier entdecken, verständigen Sie bitte Fachkräfte wie Wildtierauffangstationen in der Nähe.
Meerestiere verletzten sich, verhungern oder ertrinken aufgrund unseres Mülls!
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