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Kaulitz-Brüder werden IFAW-Botschafter
WeiterlesenDie Lärmbelastung der Meere und ihre tödlichen Auswirkungen auf Meereslebewesen
Die für das menschliche Auge unsichtbare Lärmbelastung der Meere zählt zu den gefährlichsten Bedrohungen für Meerestiere und das ökologische Gleichgewicht des Ozeans. Um etwas mehr über die Auswirkungen dieser unsichtbaren Gefahr zu erfahren, sprach ich mit Aurore Morin, Kampagnenleiterin für Meeresschutz beim IFAW. Es folgt die Niederschrift unseres Gesprächs über die komplexen Zusammenhänge rund um die Frage, wie man Meereslebewesen besser vor Lärmbelastung schützen kann.
K: Was ist die wichtigste Kampagne, an der du derzeit arbeitest, und mit welchen Herausforderungen siehst du dich regelmäßig konfrontiert?
A: Die wichtigste Kampagne, auf die ich mich mit meinen europäischen Kollegen im Moment konzentriere, hat das Ziel, den Unterwasserlärm in europäischen Gewässern zu reduzieren, der durch menschliche Aktivitäten wie die Handelsschifffahrt entsteht. Die größte Herausforderung, der ich dabei täglich gegenüberstehe, besteht darin, dass die Öffentlichkeit sich des Problems nicht bewusst ist. Wir haben Menschen auf der Straße zum Thema Unterwasserlärm befragt, aber nur jeder Fünfte hatte schon einmal etwas davon gehört.
K: Es überrascht mich, dass dieses Thema in der Öffentlichkeit so wenig bekannt ist. Die Unkenntnis der Öffentlichkeit erschwert sicherlich die Durchsetzung gesetzgeberischer Maßnahmen gegen Unterwasserlärm.
A: Ja, ein wichtiger Teil unserer Aufgabe besteht darin, die Menschen durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit für das Thema zu sensibilisieren. In Frankreich hat sich die Situation jetzt etwas verbessert, weil das Umweltministerium in dieser Sache wirklich aktiv und bereit ist, etwas zu unternehmen. Zudem konnten wir in letzter Zeit mehrere Beiträge zum Thema Lärmbelastung der Meere in den Medien unterbringen, so dass ich denke, dass weltweit immer mehr Menschen für das Problem sensibilisiert werden.
K: Kannst du erklären, woher die Lärmbelastung in den Meeren kommt und warum sie eine so ernste Bedrohung für Meereslebewesen darstellt?
A: Unterwasserlärm entsteht durch Aktivitäten wie Schifffahrt, seismische Untersuchungen, Ölförderung und Sonargeräte des Militärs. Diese Geräuschquellen sind eine große Belastung für das Leben im Meer. Sie wirken sich auf eine Vielzahl von Meerestieren aus – nicht nur auf Wale und Delfine. Alle Lebewesen im Meer sind betroffen. Lärm verursacht Stress, vertreibt Tiere aus ihrem Lebensraum und ändert ihr Verhalten. Lärm beeinträchtigt die Fähigkeit zu kommunizieren, zu navigieren, Beutetiere zu lokalisieren, Raubtiere zu meiden und Partner zu finden. Das heißt: Alle Aspekte des Tierlebens werden durch den vom Menschen erzeugten Unterwasserlärm gestört. Im schlimmsten Fall können anhaltende und starke Belastungen körperliche Schäden verursachen und sogar zum Tod führen.
K: Sind vor allem Meeressäuger betroffen oder auch andere Tiere wie Fische oder Schildkröten?
A: Jedes Meerestier ist betroffen: Von Delfinen und Robben über Fische, Tintenfische und Krustentiere bis hin zu Meeresschildkröten, weil sie alle Schallwellen nutzen, um zu jagen, Partner für die Fortpflanzung zu suchen und mit ihren Jungen zu kommunizieren.
K: Was tut der IFAW, um die Kampagne zur Senkung der Lärmbelastung der Meere in Schwung zu bringen?
A: Aktuell gibt es noch keine international vereinbarten Grenzwerte für Unterwasserlärm. Das wollen wir ändern. Unser Team arbeitet mit den Behörden zusammen, um strengere Vorschriften für eine Begrenzung der Lärmbelastung unter Wasser durchzusetzen. Das effektivste und am schnellste umsetzbare Mittel ist unserer Ansicht nach eine Reduzierung der Geschwindigkeit der Schiffe, weil damit nicht nur der Geräuschpegel sinkt, sondern auch die Abgasmenge und die Wahrscheinlichkeit für Kollisionen zwischen Schiffen und Meeressäugern wird halbiert. Wir empfehlen zudem, künftig leisere Schiffe zu bauen. Der französischen Regierung werden wir dazu raten, dem Beispiel dem Beispiel des Hafens von Vancouver zu folgen, der weniger Hafengebühren von leiseren Schiffen erhebt. Wir möchten dieses Modell in Frankreich und im übrigen Europa etablieren, weil es funktioniert. Mit Anreizen lassen sich positive Verhaltensänderungen erreichen.
K: Wenn jemand sich dieses Problems nicht bewusst war und heute etwas tun möchte, um zu helfen – was würdest du empfehlen?
A: Wir raten den Menschen zu einem verantwortungsbewussten Verhalten als Verbraucher. Sie haben das Recht und die Möglichkeit, durch Änderungen ihrer Gewohnheiten einen positiven Wandel herbeizuführen. Achten Sie beim Einkaufen darauf, woher die Produkte kommen und bevorzugen Sie regionale Angebote. Kaufen Sie Früchte und Gemüse, die nicht mit dem Schiff aus fernen Ländern importiert wurden. Nutzen Sie Geschäfte in der Nähe für ihre Einkäufe. Das lässt sich nicht immer konsequent durchhalten, weil wir in einer globalisierten Welt leben. Doch wenn sich jeder beim Einkauf nach regionalen Angeboten umsieht und ihnen den Vorzug gibt, ist schon viel gewonnen. Diese Produkte wurden dann vielleicht mit dem Lkw auf der Straße transportiert, aber eben nicht mit Schiffen, die Unterwasserlärm verursachen.
K: Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Ich habe nämlich das Gefühl, dass viele von uns aus Bequemlichkeit einfach online gehen, um etwas zu bestellen.
A: Ja. Man sollte versuchen, die Produkte in einem Geschäft vor Ort zu kaufen, statt sie online zu bestellen. Natürlich muss man dazu manchmal die eigene Komfortzone verlassen, aber wir alle müssen uns mehr Mühe geben, wenn wir etwas verändern wollen. Und das ist nur eine Möglichkeit, etwas zu bewegen.
K: Ich habe gehört, dass man die Weltmeere als Quelle des Lebens auf unserem Planeten bezeichnet, weil sie unter anderem den Kohlendioxidgehalt der Luft regulieren und über die Hälfte unseres Sauerstoffs produzieren. Wenn das Ökosystem Meer kollabiert, welche Folgen hätte das für Mensch und Tier?
A: Schreckliche Folgen. Die aktuellen Gefahren wie Lärmbelastung, Übersäuerung und Überfischung verändern die Biodiversität. In den Weltmeeren leben über zwei Millionen Arten. Wasser ist das erste, was benötigt wird, damit Leben entsteht. Sterben die Weltmeere, ist das eine Katastrophe. Leer und leblos. Deshalb müssen wir die Artenvielfalt in den Meeren schützen, um das Leben auf unserem Planeten überhaupt zu erhalten.
K: Während der Covid-19-Pandemie wurden wegen der verringerten menschlichen Aktivitäten in der Natur und in den Städten mehr Tiere gesichtet. Wie hat sich die Covid-Krise auf die Meeressäuger ausgewirkt? Ist bekannt, ob die Ozeane heute sauberer oder sicherer für Meeresfauna und -flora sind?
A: Tatsächlich wurden häufiger Tiere in den Städten gesichtet, weil die Straßen wegen der Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 leerer waren. Ich vermute, sie nutzen die Abwesenheit des Menschen, um ihren Lebensraum ohne Störungen durch den Autoverkehr zu genießen! Bei den Meeressäugern war die Situation ähnlich, denn durch die Pandemie zog auch unter Wasser etwas mehr Ruhe ein. Der Schiffsverkehr nahm ab, und es waren kaum noch große Container- oder Kreuzfahrtschiffe unterwegs. Die ersten wissenschaftlichen Studien zur Untersuchung der Lärmbelastung während des Lockdowns laufen zurzeit. Dabei geht es auch um die Überprüfung der Annahme, dass die Lärmpegel während der Corona-Krise 2020 etwa dem Niveau von vor 150 Jahren und damit einem gesünderen Umfeld für die Meeresfauna entsprachen.
K: Welche Lehren können wir deiner Meinung nach aus der Covid-19-Pandemie ziehen?
A: Ich denke, diese weltweite Krise bietet uns die einzigartige Gelegenheit, über die Folgen menschlicher Aktivitäten für das Leben im Meer nachzudenken. Es wäre ideal, wenn wir alle Vorteile, die sich durch diese Situation für die Tiere ergeben haben, bei künftigen Überlegungen zum Wiederaufbau einer grüneren und nachhaltigeren Wirtschaft berücksichtigen könnten.
K: Gibt es etwas, was du den Menschen abschließend noch ans Herz legen möchtest?
A: Die gute Nachricht im Zusammenhang mit der Lärmbelastung der Meere ist, dass die Belastung sofort aufhört, wenn die Lärmursache beseitigt wird. Es gibt viel zu tun. Doch ich bin zuversichtlich, dass wir mit der Unterstützung engagierter Menschen durch gesetzgeberische und regionale Maßnahmen etwas bewegen können.
---- Kaila Ferrari, Digitale Kommunikation
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