Tierwohl in Kommunen – unser Projekt in Playa del Carmen, Mexiko
Einwohner werden aktiv: Tierrettung in den Straßen von Playa del CarmenWir kennen den Löwen als den König der Tiere, aber auf dem amerikanischen Kontinent regiert der Jaguar.
In der Vergangenheit durchstreiften Jaguare weite Teile Mittel- und Südamerikas und waren selbst in Arizona und Texas anzutreffen. Während Anfang des 19. Jahrhunderts noch über 60.000 Jaguare lebten, ging ihr Bestand ab Mitte des 20. Jahrhunderts durch Jagd und landwirtschaftliche Entwicklung massiv zurück. Die Großkatzen sind sehr scheu, weshalb es für Forscher äußerst schwierig ist, die genaue Anzahl der Jaguare zu ermitteln, die derzeit noch im Dschungel und in den Regenwäldern Mittel- und Südamerikas leben. Bei einem sind sich Artenschützer jedoch sicher: Jaguare befinden sich an einem Wendepunkt und unser jetziges Handeln ist entscheidend für ihre Überlebenschancen.
Der Jaguar spielt eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung der natürlichen Nahrungskette und ist fester Bestandteil eines ausgeglichenen Ökosystems. Ohne Jaguare würden sich andere Wildtiere wie Nabelschweine oder beispielsweise auch Capybara unkontrolliert vermehren, was verheerende Auswirkungen auf Vegetation und Landschaften hätte. Sollte sich der Rückgang der Jaguarpopulation fortsetzen, könnten dadurch hunderte Arten auf dem amerikanischen Kontinent aussterben.
Joaquin de la Torre Ponce, Dr. Erika Flores, und Polen Cisneros gehören zu dem IFAW-Team, dass aktiv für den Erhalt der Artenvielfalt in Lateinamerika und der Karibik arbeitet. Ihre Mission besteht darin, das friedliche Miteinander von Menschen und Wildtieren zu fördern und die internationale Gesetzgebung voranzutreiben, um Wildtierkriminalität zu bekämpfen und wichtige Arten wie den Jaguar zu schützen.
Ihre Geschichte begann 2017, als Dr. Erika Flores erfuhr, dass Jaguare in der Gemeinde Invasores am Rande von Playa del Carmen, Mexiko, Jagd auf Hunde machten. Die Zerstörung ihres natürlichen Lebensraums durch Abholzung, Bergbau und Bebauung zwang die Jaguare, in die Nähe von Siedlungen auszuweichen und dort nach Futter zu suchen. Diese Nähe führte zu immer widerkehrenden Konflikten zwischen der lokalen Bevölkerung und den Wildtieren. Jaguare attackierten Hunde, woraufhin die Menschen wiederum aus Angst und Wut die Jaguare töteten. Zusätzlich übertrugen streunende nicht geimpfte Hunde Krankheiten auf die Jaguare. Wenn beispielsweise ein Jaguar einen kranken Hund tötet und mit diesem seine Jungen füttern, könnte dies innerhalb weniger Tage zum Aussterben der gesamten Jaguarfamilie führen.
Um diese Herausforderung anzugehen, haben Erika und Joaquin die Initiative "Casitas Azules" (kleine blaue Hundehütten) ins Leben gerufen, die den Gemeinden hilft, die Konflikte zwischen Menschen, Haustieren und Wildtieren zu verringern. Zuerst veranlasste das Team den Bau von knallblauen Hundehütten aus Holz. Die Hunde fanden nun Unterschlupf und streunten weniger umher, wodurch sich die Angriffe von Jaguaren am Stadtrand verringerten. Anschließend kontaktierte Erika unsere örtliche Partnerorganisation Coco’s Animal Welfare, um die Versorgung von hilfsbedürftigen und kranken Tieren sicherzustellen. Die Sterilisation und Impfung der Tiere führte dazu, dass die Besitzer besser für diese sorgen konnten, Hunde sich weniger stark vermehrten und Krankheiten zurückgingen. Aufgrund der positiven Auswirkungen weitete sich die Initiative schnell auf nahegelegene Städte aus. Mittlerweile führen Erika und das Team von Coco’s Animal Welfare auch in Invasores und der Maya-Gemeinde von Nuevo Durango regelmäßig Gesundheitschecks durch. Während dieser Einsätze organisieren sie Hundehütten, machen Hühnerställe "Raubtiersicher" und bieten kostenlose tierärztliche Versorgung an. Dank dieser Maßnahmen gingen die Mensch-Tier-Konflikte stark zurück und ermöglichen den Gemeinden ein friedliches Zusammenleben.
Gemeinsam mit den Menschen vor Ort finden wir Lösungen, die ein friedliches Miteinander fördern. Dies ist jedoch nur ein Aspekt der großen Aufgabe, die weltweit letzten Jaguare zu retten. Im Laufe des vergangenen Jahrzehnts hat sich der illegale Handel mit Zähnen, Fellen und Krallen von Jaguaren in Lateinamerika und Asien zu einem boomenden Geschäft entwickelt. Jaguare sind gemäß Anhang I des Washingtoner Artenschutzabkommens CITES geschützt, womit der internationale Handel mit lebenden Jaguaren und deren Körperteilen verboten ist. Genau wie der illegale Handel mit anderen Wildtieren besteht der Markt jedoch über weit verschlungene Netzwerke von Wilderern und Wildtierhändlern fort.
Was kann man tun, wenn Tierarten zwar gesetzlich geschützt sind, die Tiere jedoch weiterhin von Menschen getötet werden? Man muss sich die Dinge aus unterschiedlichen Perspektiven anschauen und die Durchsetzung der Gesetze verstärken. Joaquin und Polen wissen, wie wichtig die Arbeit in und mit den Gemeinden vor Ort ist, um wirksame Änderungen herbeizuführen. Im Dezember führten sie eine Schulung für Tierschutzbehörden in Guyana in Südamerika durch, das für seinen Artenreichtum bekannt ist. Sie brachten Polizei- und Zollbeamte, Flughafenbehörden und Parkranger mit dem Ziel zusammen, gemeinsam bedrohte Arten besser zu schützen und illegale Wildtierhändler zu fassen und nach dem Gesetz zu bestrafen. Das Ergebnis war eine stärkere Vernetzung von Behörden, die nun besser gerüstet sind, um sich gegenseitig zu unterstützen. Da Joaquin vor Ort in direktem Kontakt mit hochrangigen Beamten steht, kann er sich stetig für die Durchsetzung internationaler Bestimmungen einsetzen, um so Jaguaren einen besseren Schutz zu bieten. Erst kürzlich trug seine Arbeit erneut Früchte: Als die Jaguare in Anhang I und II der Bonner Konventionen aufgenommen wurden. Nun haben die Mitgliedsstaaten der Bonner Konvention auch ganz offiziell beschlossen, die Lebensräume und Wanderkorridore der Jaguare zu schützen.
Es wird nicht leicht werden, die Zukunft der Jaguare zu sichern. Wir müssen kulturelle Unterschiede überwinden und das Bewusstsein auf lokaler Ebene schärfen, wobei oftmals jahrelange Anstrengungen notwendig sind, um eine einzige Rechtsvorschrift zu erlassen. Trotz allem sind Dr. Erika Flores, Polen Cisneros und Joaquin de la Torre Ponce zuversichtlich, dass Jaguare und Hunderte andere von diesen abhängige Spezies überleben werden. Sie glauben an eine bessere Zukunft für die reiche Artenvielfalt in Lateinamerika und der Karibik und geben weiterhin ihr Bestes, damit diese Vision Realität wird.
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