Im Kampf gegen die Wildtier-Cyberkriminalität
Im Kampf gegen die Wildtier-Cyberkriminalität
Das Internet hat keine Grenzen. Der Online-Handel ist weitgehend unreguliert und anonym, hat rund um die Uhr geöffnet und bietet Verkäufern und Käufern die Möglichkeit, direkt und einfach miteinander in Kontakt zu treten. Deshalb nutzen Kriminelle weltweit die Online-Marktplätze für den illegalen Handel mit Wildtieren und Wildtierprodukten. Der IFAW ermittelt seit 2004 im Bereich Wildtier-Cyberkriminalität und hilft die kriminellen Netzwerke aufzudecken und zu stoppen.
Es handelt sich um ein weltweites Problem, das nur mithilfe sektorübergreifender Zusammenarbeit gelöst werden kann. Unsere Experten arbeiten eng mit Regierungen, Strafverfolgungsbehörden, Online-Marktplätzen und Social-Media-Plattformen zusammen. Sie liefern ihnen Daten und Informationen und bieten Schulungen an, mit deren Hilfe Wildtier-Cyberkriminalität erkannt und bekämpft werden kann.
Ermittlung und Überwachung
Der IFAW ist ein wichtiger Wegbereiter auf dem Gebiet der Ermittlung und Überwachung des illegalen Wildtierhandels im Internet. Unsere Recherchen laufen bereits seit fünfzehn Jahren und die Zahlen sind erschütternd: Zehntausende gefährdete Wildtiere sowie Wildtierprodukte werden über das Internet zum Verkauf angeboten. Es werden Elfenbein, Rhinozeroshorn, Großkatzen, Primaten wie Orang-Utans und Gorillas, unter Schutz stehende lebende Papageien und Greifvögel, zahlreiche Reptilien wie Krokodile, Alligatoren, Schlangen, Land- und Wasserschildkröten sowie Amphibien zum Verkauf angeboten.
Im Rahmen der Recherchen zu unserem Bericht "Disrupt: Wildlife Cybercrime" aus dem Jahr 2018 ermittelten wir innerhalb eines Zeitraums von sechs Wochen in vier Ländern auf 106 Online-Marktplätzen sowie vier Social-Media-Plattformen. Wir fanden über 5.000 Anzeigen und Posts in denen insgesamt fast 12.000 Exemplare geschützter Wildtiere und Wildtierprodukte angeboten wurden. In unserem 2014 veröffentlichten Bericht "Wanted - Dead or Alive" fanden wir im Zuge unserer Recherchen innerhalb sechs Wochen in fast 9.500 Anzeigen auf 280 Online-Marktplätzen in 16 Ländern über 33.000 angebotene Exemplare geschützter Wildtiere und Wildtierprodukte.
Teilweise ist der Handel mit geschützten Wildtieren unter bestimmten Voraussetzungen gesetzlich zulässig. Die illegalen Anzeigen ausfindig zu machen ist eine große Herausforderung für unsere Experten, denn in den meisten Ländern müssen Onlinehändler in entsprechenden Anzeigen nicht nachweisen, dass sie sich an die gesetzlichen Bestimmungen halten.
Zusammenarbeit mit Online-Unternehmen
Seit 2008 spielt der IFAW eine zentrale Rolle bei der Zusammenarbeit mit weltweit führenden Online-Unternehmen, wenn es darum geht, gegen Wildtier-Cyberkriminalität vorzugehen. Wir konzentrieren uns darauf zu verhindern, dass Wildtierhändlern auf Online-Marktplätzen und Social-Media-Plattformen illegal Tiere oder Produkte anbieten und verkaufen können – angefangen von lebenden Tieren wie Tigerjungen bis hin zu Produkten wie Elfenbeinschnitzereien.
Im März 2018 haben wir gemeinsam mit WWF, TRAFFIC und 21 international führenden Technologieunternehmen die Globale Koalition zur Bekämpfung des illegalen Wildtierhandels im Internet gegründet. Die Koalition bringt zum Kampf gegen den illegalen Onlinehandel mit Wildtieren E-Commerce- und Social-Media-Unternehmen sowie Suchmaschinenbetreiber zusammen, um Erkenntnisse und bewährte Praktiken miteinander austauschen. Mittlerweile gehören der Koalition 36 Unternehmen an.
In Zusammenarbeit mit den Wildtierexperten von IFAW, WWF und TRAFFIC entwickelt jedes Unternehmen Maßnahmen und Lösungsansätze gegen den Onlinehandel mit Wildtieren und setzt diese um. Der Schwerpunkt der Globalen Koalition zur Beendigung des illegalen Wildtierhandels im Internet liegt darauf, die Strategien der einzelnen Unternehmen zu optimieren, die Zusammenarbeit innerhalb der Branche zu fördern, Nutzer aufzuklären, ehrenamtliche Cyber-Spotter zu mobilisieren, Unternehmen intensiv zu schulen und maschinelles Lernen zu verbessern. Darüber hinaus stellen IFAW, WWF und TRAFFIC den Unternehmen aktuelle Trenddaten zum weltweiten und zum regionalen Wildtierhandel, Schulungsmaterial, Beratung zu ihrer Strategie zur Bekämpfung von illegalen Anzeigen mit Wildtieren und Informationen zur Sensibilisierung von Nutzern zur Verfügung, damit diese beim Ermitteln illegaler Angebote helfen können.
Seit März 2020 haben die Online-Technologieunternehmen der Koalition nach eigenen Angaben über 3 Millionen Anzeigen zu gefährdeten oder bedrohten Arten und entsprechenden Produkten auf ihren Online-Plattformen gelöscht bzw. gesperrt. Bei diesen Anzeigen ging es um den Handel mit exotischen Haustieren wie etwa lebenden Großkatzen, Reptilien, Primaten und Vögeln sowie mit Produkten, die aus Tieren wie zum Beispiel Elefanten, Schuppentieren und Meeresschildkröten hergestellt werden.
Fortschritte in der Politik
Der IFAW setzt sich auch auf internationaler Ebene gegen die Wildtier-Cyberkriminalität ein. Im Juni 2007 einigten sich über 170 Länder bei der Konferenz des Artenschutzübereinkommens CITES auf eine Resolution und einen Beschluss, mit denen die Regierungen einen Strategieplan für das Vorgehen gegen Online-Wildtierhändler erhielten. Auf diesem Erfolg wurde seitdem weiter aufgebaut. Auf der CITES-Vertragsstaatenkonferenz im August 2019 wurde eine grundlegende Entscheidung zum Kampf gegen die Wildtierkriminalität im Zusammenhang mit dem Internet beschlossen.
Der IFAW macht in renommierten internationalen Foren auf das Thema Wildtier-Cyberkriminalität aufmerksam, um ein Bewusstsein für das Problem zu schaffen und Regierungen sowie andere Partner darin zu unterstützen, es zu lösen. Gemeinsam mit seinen Partnern sorgt der IFAW dafür, dass sich die Weltnaturschutzunion (IUCN) mit dem Thema Wildtier-Cyberkriminalität befasst. Auch beim Weltkongress der Vereinten Nationen für Verbrechensverhütung und Strafrechtspflege, dem G7, der First High Level Conference of the Americas on Illegal Wildlife Trade und zahlreichen anderen Foren machte der IFAW auf das Thema aufmerksam.
Außerdem ruft der IFAW die Länder der Welt auf, ihre nationalen Rechtsvorschriften zu verschärfen und Gesetzeslücken zu schließen, die Wildtier-Cyberkriminelle sich zunutze machen. Mindestens sieben Länder haben bis dato ihre Gesetzgebung mit Blick auf die besonderen Herausforderungen geändert, vor die uns der Online-Wildtierhandel im digitalen Zeitalter stellt.
Stärkung der Strafverfolgung
Der IFAW unterstützt Maßnahmen im Bereich Strafverfolgung und ruft die Regierungen auf, den entsprechenden Mitarbeitern alle nötigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit sie effektiv Wildtier-Cyberkriminelle aufspüren und ihnen das Handwerk legen können. Hierzu gehört auch, dass sie sich an speziell ausgebildete Experten im Bereich Cyberkriminalität wenden können.
Der IFAW stellt Strafverfolgern Informationen zu Methoden zur Verfügung, mit denen im Internet illegale Wildtiere und Wildtierprodukte ge- und verkauft werden. Außerdem informieren wir sie über Entwicklungstrends im Hinblick darauf, mit welchen Tieren oder Produkten und auf welchen Plattformen gehandelt wird. Und wir leiten, wo dies möglich ist, Angaben zu verdächtigen Anzeigen weiter und unterstützen Schulungen in Artenschutzrecht und Arterkennung.
2019 legte INTERPOL mit Unterstützung vom IFAW und der Adessium Foundation praktische Leitlinien zum Thema Wildtierkriminalität im Zusammenhang mit dem Internet vor. Dank dieser Leitlinien verfügen Mitarbeiter der Strafverfolgung auf der ganzen Welt nun über bessere Kenntnisse und Fähigkeiten zum Aufspüren von Wildtierhändlern, die das Internet für ihre kriminellen Handlungen nutzen, sowie zum Vorgehen gegen diese. Zusätzlich organisierten INTERPOL und der IFAW 2018 gemeinsam einen sektorübergreifenden Workshop zum Thema internetbasierte Wildtierkriminalität, der ein Bekenntnis zur besseren Abstimmung von öffentlichem und privatem Sektor zur Folge hatte. Der Globale Aktionsplan zur Wildtier-Cyberkriminalität bringt zentrale Akteure im Kampf gegen den Online-Wildtierhandel zusammen. Im Aktionsplan werden gemeinsame Ziele formuliert und die notwendigen Schritte umrissen.
Im Jahr 2012 unterstützte der IFAW das Project Web von INTERPOL, die erste gesamteuropäische Initiative zu Ermittlungen im Bereich Elfenbeinhandel im Internet. Neun europäische Strafverfolgungsbehörden waren daran beteiligt. Auch weiterhin unterstützt der IFAW Anstrengungen der Strafverfolgung, indem er auf Fälle hinweist, in denen die nationalen Strafverfolgungsbehörden weiter ermitteln müssen. Und wir bildeten über 100 Strafverfolgungsbeamte aus sechs afrikanischen Ländern darin aus, Wildtier-Cyberkriminalität aufzudecken. In den vergangenen fünf Jahren hat der IFAW außerdem in China über 30 Schulungen durchgeführt, an denen 1.500 Beamte teilnahmen, sowie Hilfsmittel für den Kampf gegen Wildtier-Cyberkriminalität erstellt.
Verbraucher sensibilisieren
Wir engagieren uns öffentlich, um die Bevölkerung zu mobilisieren, damit sie sich am Kampf gegen den Wildtierhandel im Internet beteiligt. Wir rufen Verbraucher dazu auf, verantwortungsvoll zu handeln, indem sie keine Wildtiere und keine Wildtierprodukte kaufen. Außerdem führen wir Aufklärungskampagnen durch, mit denen wir die Menschen über einschlägige Gesetze und Bestimmungen sowie die rechtlichen Auswirkungen informieren, die die Nutzung des Internets für Wildtierkriminalität haben kann.
Als Teil unserer Arbeit innerhalb der Globalen Koalition zur Beendigung des illegalen Wildtierhandels im Internet arbeiten wir mit unseren Partnern von WWF und TRAFFIC sowie den beteiligten Unternehmen daran, das Wildlife Cyber Spotter Programm der Koalition auszuweiten. Als "Detektive im Internet" übernehmen die ehrenamtlichen Helfer eine wichtige Rolle. Wir schulen die Cyber-Spotter darin, geschützte Arten und aus ihnen hergestellte Produkte in Anzeigen auf verschiedenen E-Commerce- und Social-Media-Plattformen zu erkennen. Sie beobachten für uns das Geschehen im Netz und melden verdächtige Inhalte direkt den Experten der Koalition, damit diese genauer überprüft werden können. Die Organisationen geben die Informationen an die entsprechenden Unternehmen weiter, deren Compliance-Teams die Anzeigen nach eigener Prüfung löschen.
Bisher haben Cyber-Spotter in den USA, Deutschland, Frankreich und Singapur über 5.900 Anzeigen für illegale Onlineverkäufe gemeldet. Durch ihre Teilnahme am Programm tragen sie dazu bei, dass neue Methoden der Wildtierhändler aufgedeckt und Entwicklungstrends beim illegalen Wildtierhandel ermittelt werden können – und helfen so Unternehmen bei der fortlaufenden Überwachung ihrer Plattformen.
Quellen (Englisch)
Artikel
- Global internet companies protect wildlife with technology
- Google and eBay join forces to launch major crackdown on wildlife traffickers
- Tech giant Baidu joins IFAW to save wildlife
- Interpol & IFAW co-host cross-sector workshop to address cyber-enabled wildlife crime
- Disrupting wildlife cybercrime in Europe and Russia
- Leading tech companies unite to stop online wildlife traffickers
- Leboncoin becomes a pioneer in the fight against wildlife trafficking online in Europe
- Tech companies take down 3 million online listings for trafficked wildlife
Publikationen
- Global Wildlife Cybercrime Action Plan
- Disrupt: Wildlife Cybercrime – Uncovering the scale of online wildlife trade (2018)
- Out of Africa: Byting Down on Wildlife Cybercrime (2017)
- E-commerce and Wildlife Cybercrime: Effective policies and practices to stem the growth of illicit trade (2017)
- An Investigation of Hawaii Online Ivory Trade (2016)
- ELEPHANT vs. MOUSE – An Investigation of the Ivory Trade on Craigslist (2015)
- Wanted – Dead or Alive, Exposing Online Wildlife Trade (2014)
- Bidding Against Survival: The Elephant Poaching Crisis and the Role of Auctions in the U.S. Ivory Market (2014)
- Click to Delete - Australia (2014)
- Click to Delete - New Zealand (2014)
- Project Web: An INTERPOL investigation of ivory trade in nine European countries (2013)
- Making a Killing (2012)
- Killing with Keystrokes 2.0: IFAW’s Investigation into the European Online Ivory Trade (2011)
- Killing with Keystrokes: An Investigation of the Illegal Wildlife Trade on the World Wide Web (2008)
- Bidding for Extinction (2007)
- Caught in the Web (2005)
- Elephants on the High Street: an investigation into ivory trade in the UK (2004)