Vom 23. bis 26. Mai 2019 wählen die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union (EU) ein neues Europäisches Parlament. Die in der EU geltenden Tierschutznormen haben, im weltweiten Vergleich, einen hohen Standard. Im Vertrag von Lissabon wird anerkannt, dass Tiere fühlende Wesen sind. Tiere, Haustiere ebenso wie Wildtiere, spielen für die Entwicklung der Menschheit eine wesentliche Rolle. Das Wohlergehen der Tiere trägt auch zum Wohlergehen von Menschen bei, in materieller wie nicht-materieller Hinsicht.
Die Mitglieder des Europäischen Parlaments (MEPs) vertreten die Interessen der Bürgerinnen und Bürger im Entscheidungsprozess der EU-Gremien, auch in Form von Forderungen nach besseren Maßnahmen zum Tier- und Naturschutz. Sie entscheiden mit darüber, ob die EU ausreichende Mittel dafür zur Verfügung stellt und damit ein weltweit führender Akteur bleibt, eine bessere Welt für Tiere und Menschen zu schaffen.
Als europäischer Parlamentarier müssen Sie dafür sorgen, dass Tierschutz und Schutz der Artenvielfalt Teil der EU-Politik bleiben. Eine gute Leitlinie dafür sind die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen, insbesondere eine konsequente Umsetzung des 8. Umweltaktionsprogramms. Notwendig ist aber auch eine Überarbeitung der EU-Tierschutzstrategie und das Verankern der Tier- und Artenschutzstandards in internationalen Handels- und multilateraler Umweltabkommen.
Eine Welt, in der Menschen und Tiere nachhaltig zusammenleben können, lässt sich nur erreichen, wenn menschliche Entwicklung und Tierschutz Hand in Hand gehen.
Unser Manifest – worauf sollte die EU den Schwerpunkt legen?
Der IFAW - International Fund for Animal Welfare ruft die Kandidatinnen und Kandidaten der Wahlen zum Europäischen Parlament auf, die entscheidende Bedeutung von Ökosystemen und Tieren anzuerkennen, insbesondere vor dem Hintergrund der weitreichenden, mitunter weltweiten Auswirkungen, die die europäische Politik haben kann.
Daher sollten unserer Auffassung nach die folgenden Bereiche zu den wichtigsten Anliegen der EU zählen:
Handel mit Wildtieren
Wildtierkriminalität ist mit einem Umfang von geschätzt 8 bis 20 Milliarden Euro jährlich die viergrößte Art des illegalen Handels, nach Drogenhandel, Fälschungen und Menschenhandel. Der Handel mit Wildtieren zählte zu den lukrativsten Aktivitäten der organisierten Kriminalität. In einigen Teilen der Welt stellt er sogar eine direkte Bedrohung der Sicherheit dar.
Die EU zählt nicht nur zu den wichtigsten Ziel- und Transitregionen für illegale Tierprodukte, sie ist auch eine Haupt-Ursprungsregion. Als Reaktion hierauf hat die EU 2016 einen 5-Jahres-Aktionsplan gegen illegalen Wildtierhandel verabschiedet, mit dem die eigentlichen Ursachen angegangen und Maßnahmen zur wirksameren Bekämpfung und zur Unterstützung weltweiter Bemühungen umgesetzt werden sollen. Der Plan beinhaltet unter anderem die Finanzierung für solche Maßnahmen, diplomatische Bemühungen, den Kapazitätsausbau von Sondereinheiten zur Bekämpfung der Cyberkriminalität sowie die Änderung innerstaatlicher Rechtsvorschriften zur Wildtierkriminalität dahingehend, dass diese als schwere Straftat gilt.
Die MEPs sollten sicherstellen, dass die Verpflichtungen aus dem EU Aktionsplan gegen illegalen Wildtierhandel auch über 2020 hinaus gelten und die Mitgliedstaaten entsprechende nationale Strategien zur Umsetzung verabschieden.
Elfenbeinhandel
Die Elefanten Afrikas befinden sich in einer Krise. Ihre Bestände sind dramatisch zurückgegangen, hauptsächlich durch Elfenbein-Wilderei. Das Wildern von Elefanten und der Handel mit Elfenbein werden weitergehen, solange der Verkauf von Elfenbein auf Märkten, bei Auktionen, in Antiquitätenläden und im Internet in vielen EU-Staaten erlaubt ist. Es wurde nachgewiesen, dass illegales, neueres Elfenbein als antikes Elfenbein verkauft wird. Der Verkauf von antikem Elfenbein ist bisher nicht verboten. So wird illegal gehandeltes Elfenbein in den legalen Markt eingeschleust. EU-Staaten werden auch als Transitländer genutzt, durch die illegales Elfenbein von in Afrika gewilderten Elefanten nach Asien geschmuggelt wird. Dass die EU Kommission in ihrem im Mai 2017 veröffentlichten Leitfaden empfiehlt, die (Wieder-)Ausfuhr von Rohelfenbein (Stoßzähnen) auszusetzen, ist eine wichtige Maßnahme. Sie reicht jedoch nicht aus, um wirksam gegen den Binnen- und den Exporthandel mit verarbeitetem Elfenbein vorzugehen. Die EU sollte als Ganzes eine Vorreiterrolle übernehmen, indem sie den inländischen Elfenbeinhandel konsequent unterbindet und sämtliche Exporte verbietet.
Die MEPs sollten die Europäische Kommission dazu aufrufen, wirksamere Maßnahmen zu ergreifen, um jeglichen kommerziellen Handel mit Elfenbein zu verbieten.
Wildtier-Cyberkriminalität
Jedes Jahr beschlagnahmen die Vollzugsbehörden in der EU Tausende Waren, darunter auch mehrere Millionen Exemplare geschützter Wildtiere. Noch düsterer wird das Bild im Internet, das weitgehend unreguliert und anonym ist und eine riesige Reichweite hat. Es hat sich zum größten Marktplatz der Welt entwickelt und bietet unbegrenzte Möglichkeiten für kriminelle Handlungen.
Will man gegen die Gefahr des Online-Handels mit Wildtieren vorgehen, müssen öffentlicher Sektor und Privatwirtschaft vereint handeln, um Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Regierungen, zwischenstaatlichen Organisationen, Strafverfolgungsbehörden, Privatunternehmen, NGOs und der Wissenschaft zu verbessern. Der Global Wildlife Cybercrime Action Plan bringt zentrale Akteure im Kampf gegen Online-Wildtierhändler zusammen. Seine Umsetzung ist für das Zerschlagen dieses kriminellen Netzwerks von entscheidender Bedeutung.
Die MEPs sollten dafür sorgen, dass der Global Wildlife Cybercrime Action Plan in Europa umgesetzt wird. Dabei sollte ein Schwerpunkt auf der Bereitstellung ausreichender Mittel für die Durchsetzung liegen, damit Cyberkriminelle aufgespürt und strafrechtlich verfolgt werden können.
Beschlagnahmung von Tieren
Durch den illegalen Handel mit Wildtieren sind nicht nur zahlreiche Arten stärker vom Aussterben bedroht, er stellt auch eine Gefahr für das Wohl der gehandelten Tiere dar. Die hohe Nachfrage nach lebenden Tieren führt dazu, dass diese häufig unter grausamen Bedingungen zu leiden haben. Wenn Vollzugsbehörden lebende Tiere aus illegalem Handel konfiszieren, stehen sie dabei vor zahlreichen Herausforderungen.
Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass das Wohl beschlagnahmter Tieren sichergestellt werden kann. Dies sollte mittels fachlicher Schulungen zum artgerechten Umgang mit den Tieren und durch Unterstützung von Einrichtungen geschehen, in denen beschlagnahmte Tiere vorübergehend oder auch langfristig versorgt werden, falls sie nicht wieder ausgewildert werden können.
Die MEPs sollten die Mitgliedstaaten aufrufen, die Kapazitäten in der Strafverfolgung zu stärken, das Wohl beschlagnahmter Tiere sicherzustellen, Vorgaben zur Rückführung von Tieren zu beschließen sowie den Rücktransport finanziell abzusichern, damit die Tiere, wo dies möglich ist, in ihre natürlichen Lebensräume zurückgebracht werden können.
Auswirkungen der Schifffahrt
Wale und Delfine sind heute mehr und komplexeren Bedrohungen ausgesetzt als je zuvor, sie gefährden die Gesundheit der Meeressäuger und sogar das Überleben einiger Arten. Gefahren wie Zusammenstöße mit Schiffen (Schiffskollisionen) oder Unterwasserlärm (vom Menschen verursachte Lärmbelastung der Meere) können Überlebens- und Fortpflanzungsfähigkeit der Tiere beeinträchtigen oder sogar eine tödliche Gefahr darstellen und müssen daher dringend angegangen werden.
Wale, die beim Zusammenstoß mit einem Schiff nicht sofort getötet werden, können schwerste Verletzungen erleiden und eines langsamen, qualvollen Todes sterben. Zum Glück gibt es hier bereits Lösungsansätze, etwa das Umleiten von Schifffahrtswegen oder Initiativen zur Geschwindigkeitsbegrenzung, die eine Minderung des Unterwasserlärms, ein geringeres Risiko von Schiffskollisionen und einen verminderten Ausstoß von Treibhausgasen bewirken. Dies kommt Walen, anderen Meeresbewohnern und der Umwelt insgesamt zugute.
Die MEPs sollten die EU aufrufen, die Umweltbelastungen der Schifffahrt anzugehen, wie etwa Schiffskollisionen mit Walen, den Ausstoß von Treibhausgasen und Unterwasserlärm, indem sie eine Geschwindigkeitsbegrenzung für Schiffe fordern sowie eine Verlegung von Schifffahrtsstraßen aus kritischen Wal- und Delfinlebensraum heraus.
Beifang
Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben verschiedene Verpflichtungen, die sich aus internationalen Rechtsvorschriften und Abkommen zum Schutz von Meeressäugern ergeben. Die EU hat bereits einige Maßnahmen ergriffen, um das Problem Beifang (das unbeabsichtigte Fangen von Nicht-Zielarten von Meerestieren) anzugehen. Beifang stellt jedoch für Wale und Delfine nach wie vor eine große Bedrohung in EU-Gewässern dar: Jedes Jahr sind mehrere Tausend Meeressäuger betroffen.
Die EU muss dringend das Beifang-Problem lösen, damit weniger Wale und Delfine unabsichtlich in Fischernetzen sterben. Beifang-Monitoring und Erheben von Fischereidaten sind nur zwei vielversprechende Ansätze dafür.
Die MEPs sollten dafür sorgen, dass die Reduzierung des Beifangs von Meeressäugern vorrangiges Ziel ist, wenn über neue Methoden der Fischereibewirtschaftung entschieden wird, sowie dafür, dass entsprechende Rechtsvorschriften erarbeitet und umgesetzt werden.
Als neues Mitglied des Europäischen Parlaments möchten wir Ihnen außerdem nahelegen, der parteiübergreifenden Interessengruppe MEPs for Wildlife im Europäischen Parlament beizutreten, um den Kampf gegen die Wildtierkriminalität zu intensivieren.
→ IFAW-Manifest herunterladen.
Was können Sie als (künftiges) Mitglied des Europäischen Parlaments tun?
Wenn wir kommenden Generationen eine bessere Welt hinterlassen wollen, dann müssen Umwelt-, Natur- und Tierschutz zentrale Anliegen für uns sein.
Als MEP werden Sie dafür verantwortlich sein, aktiv zu werden und mit Ihrem Handeln sowohl die bereits gemachten Fortschritte zu bewahren, als auch die Bereiche anzugehen, in denen noch Verbesserungen erforderlich sind.
Wir bitten Sie, diese Erklärung zu unterzeichnen und so Ihr Engagement zu bekräftigen: